Architekt der Zukunft & Karma Ökonom: Van Bo Le-Mentzel
Van Bo Le-Mentzel ist Architekt, Visionär und Change Maker. Durch seine Projekte wie die Hartz-4-Möbel, das Unreal Estate House und die Karma Chakhs zeigt er gesellschaftliche Probleme auf und entwirft aufsehenerregende Alternativlösungen. Durch sein proaktives Engagement ist er eine Inspiration für die gesamte Gesellschaft. Seine Meinung ist sicherlich alles andere als bequem, aber genau das macht Querdenker und Change Maker aus. Van Bo folgt nicht den erwarteten Konventionen an seine Ausbildung als Architekt, sondern nutzt sein Wissen, um die Welt mit seinen Projekten ein wenig besser zu machen. Also höchste Zeit mehr über diesen inspirierenden Menschen zu erfahren.
Im Fempreneur Interview spricht er über seine bisherigen Projekte und sein neues filmerisches Projekt "3min - Fame, Love and Peace". "Das vermutlich wichtigste Projekt seines Lebens", wie er selbst sagt. Denn es geht um nichts weniger als eine Herzensangelegenheit und zwar den Frieden.
Take your time to get fully inspired now!
Van Bo, du bist Architekt und vor allem durch dein Hartz-4-Möbel Projekt bekannt geworden. Erzähl
bitte einmal kurz woher deine Motivation für dieses Projekt kam und was genau dahinter steckt!
Okay, in Kurzform: Früher: Zwei linke Hände - Minderwertigkeitskomplex, dann VHS Kurs, heute Gründer eines Blogs mit Bauplänen und ganz viel Anerkennung.
Die Baupläne gibt es auf www.hartzivmoebel.de oder im gleichnamigen Buch von Hatje Cantz.

Dieser 24 Euro Sessel besteht aus nur einem einzigen Stück Holz.
Weitere Infos hier!
Ein weiteres spannendes Projekt von dir ist das Tiny-House (Unreal Estate House), wo sich jeder
für 5.000 Euro sein eigenes kleines mobiles Häuschen bauen kann. Was war die größte Herausforderung bei der Realisierung dieses Projekts?
Die Leute davon zu überzeugen, dass es ernst gemeint ist, dass wir unbedingt neue Wohnlösungen brauchen.
Man sieht es jetzt ganz aktuell bei der Flüchtlingswelle. Es ist keine Lösung in einer Turnhalle auf Feldbetten zu schlafen.
Und die Art und Weise, wie in Deutschland Wohnhäuser gebaut wird, dauert viel zu lang, verschlingt viel zu viel Geld, ist viel zu energieintensiv, versiegelt zu viel nährhaften Grund, ist viel zu bürokratisch und ist viel zu anfällig für Krisen, Spekulation und Korruption.

Das Unreal Estate House vor der Pinakothek der Moderne in München (Foto: Benjamin Heck)
Mehr zu diesem Tiny House hier!
Ich halte es für grundfalsch, Wohnungsbau immer nur über Sicherheit und Brandschutz zu denken. Das versperrt viele innovative und ökologischere Ansätze, die zum Beispiel durch Holz möglich sind.
Stell Dir mal vor, man würde den Flüchtlingen erlauben Häuser zu bauen, einfach mit den Materialien, die auf der Straße entsorgt werden. Ich bin mir sicher, es würde eine interessante Tiny House-Bewegung entstehen, von denen wir alle lernen könnten. Neue Arten von temporären Unterkünften, neue Arten von Gemeinschaften.
Wir dürfen nicht vergessen, nur weil man Flüchtling ist, ist man ja nicht doof, sondern genau so Professor, Handwerker, Gas Wasser Installateur und Architekt wie die Menschen in Deutschland auch.
Unabhängig von den Flüchtlingen ist die Immobilienwirtschaft zu sehr Immobilie und zu sehr Wirtschaft und zu wenig das, was es ist: Lebensraum, auf den alle Lebewesen auf dieser Erde zu gleichen Anteilen Anspruch haben.
Bist Du ein Minimalist?
Ich würde sagen, ich bin Karma Ökonom.
Was meinst Du damit?
Ich haushalte mit dem guten Karma. Es sollte bei mir und bei meinem Gegenüber und bei meinem Nachbarn ausgewogen und gut sein. Dafür setze ich meine Lebenszeit ein.
Und wo kann jeder anfangen, wenn er selbst minimalistischer leben will? Oder mit gutem Karma haushalten möchte?
Weniger gehorchen. Nur weil es eine Schulpflicht, Steuerpflicht, Residenzpflicht und was weiß ich für Pflichten gibt, heisst es nicht, dass es den Menschen gut tut.
Vieles mag ursprünglich im Kern einen guten Gedanken haben, aber wir müssen die Welt immer im Jetzt betrachten. Was anderes bleibt uns eh nicht übrig. Es war noch kein Mensch in der Zukunft außer Marty McFly (Anm.: fiktionaler Charakter aus dem Film "Zurück in die Zukunft")
Wir müssen die Welt immer im Jetzt betrachten!
Van Bo Le-Mentzel
Wer weniger gehorcht, wird früher oder später über die Fragen stolpern, die schlussendlich den Konsum und den Glauben an Eigentum in Frage stellen.
Wer tief in sich hineinhorcht, wird weniger zornig sein, weniger verbittert und weniger kaufen und besitzen müssen, um sich selbst zu spüren. Doch das kann schmerzhaft sein, sich selbst kennenzulernen.
"Es kann schmerzhaft sein, sich selbst kennenzulernen."
Sind Deine Projekte ein Resultat dessen, dass Du in Dich horchst?
Naja, ich würde sagen, dass ich mich selbst immer noch nicht so richtig gut kenne. Manchmal glaube ich, dass mein Vater mich besser kennt als ich mich selbst.
Als ich ihm sagte, dass ich nun Veganer bin, sagte er, ich müsse ab und an Ei essen, sonst ginge es mir nicht gut. Ich glaube er hat recht. Unsere Schuhe, die wir tragen, sind made in Vietnam. Meine Mutter ist auch made in Vietnam, und sie ist Schneiderin von Beruf.
Für mich war sehr schnell klar, dass ich keine Ausbeutungsprodukte kaufen kann, die Schicksale wie die meiner Mutter produziert. Die schlechten Perspektiven für junge vietnamesische Schneiderinnen sind der Grund, warum wir nach Deutschland geflohen sind.
Es sind zu oft westliche Firmen, Regierungen und NGOs, die in fernen Ländern die Hoffnung zerstören. Wenn ich verhindern will, dass Menschen ihre Heimat aufgeben, muss ich mein Konsumverhalten ändern.
So kam es zum Beispiel zu dem Schuhprojekt Karma Chakhs, wo ich meine Lieblingsschuhe - und zwar Chucks - ohne Schikane und böses Karma haben wollte. Das ging nur, indem ich sie selbst herstellen ließ.

Quelle: Startnext
Deine Projekte haben oft einen Hauch von Utopie. Wie sieht für dich deine utopische Zukunftswelt aus?
Hmm, schwierige Frage. Eine Welt, in der wir keine Grenzen mehr haben, und kein Finanzamt und anstelle von Kredit Vertrauen zur Topwährung Nummer eins erklären und anstelle von Zinsen lieber lecker Linsen verteilen.
"Lieber Linsen statt Zinsen!"
Und zugeben, dass wir im Herzen alle gut und schön sind und nur eine Sache uns glücklich macht: Anderen Menschen zu helfen.
Es brauchte mehrere Jahre systematischen Drill, um uns Menschen diese Menschlichkeit auszutreiben. Dieser Drill hat einen Namen und heisst Bildung.
Was sind deiner Meinung nach die 3 größten Zukunftsthemen, die uns alle angehen werden?
Daten, Wasser und Unsterblichkeit.
Ich denke, dass es bald so weit sein wird, dass Facebook eine App anbietet, in der wir unsterblich werden und unser Gehirn samt Google Glass Kontaktlinse einfrieren lassen können, um in 500 Jahren wieder geweckt zu werden, wenn die Klimaerwärmung und der Smog vorbei ist und die zehn Weltkriege vorbei sind.
Welche Bedeutung misst du dem Thema "Entrepreneurship" bei, um Veränderungen in der Welt anzustoßen?
Entern - nehmen =prendre - Schiff. Klingt fast wie die Firmenphilosophie von Frontex (Anm.: Europäischer Grenzschutz). Jetzt mal im ernst. Unternehmen nehmen mir für meinen Geschmack zu viel von unten. Ob es Billigarbeitskräfte im Süden sind oder Bodenschätze.
Damit meine ich, dass es kaum Geschäftsmodelle gibt, die ohne Ausbeutung und Schulden auskommen. Ausbeutung ist die Weiterentwicklung von Sklavenkultur und Schulden sind dank der Zinsen eine Verdammnis für jeden ehrlichen Menschen, der nicht hirnlos wachsen will.
"Wir brauchen nicht mehr Unternehmer, sondern Übergeber."
Was wir brauchen sind nicht mehr Unternehmer, sondern mehr Übergeber. Menschen, die gute Nachrichten übergeben, Dinge, die die Welt braucht. Und nicht immer nur nehmen, damit es einigen wenigen gut geht.
Wir brauchen Entredonors, nicht Entrepreneurs, auch wenn sie social sind, folgen sie ja doch den Dogmen aus Wachstum, Wettbewerb und künstlicher Verknappung.
"Wir brauchen Entredonors, nicht Entrepreneurs."
Van Bo Le-Mentzel
Was inspiriert dich?
Professor Henri.
Ich habe 2013 mich in seinen Kurs angemeldet. Er lehrt mich die Zusammenhänge zwischen Wirtschaft, Universum und Liebe.
In einem ganz fantastischen Seminar hat er mir beigebracht, welche Kraft im bedingungslosen Geben steckt. Ich studiere bei ihm nun im vierten Semester "Leben für Anfänger". Das Seminar heisst Elternzeit.
Prof. Henri ist mein Sohn und zwei Jahre alt.
Dein derzeitiges Projekt ist der Film "3min of Fame, Love and Peace". Worum wird es da gehen und warum ist dir dieses Projekt so wichtig?
In meinen Projekten ging es bislang viel um Gestaltung, Wohlstand, Do It Yourself und Gentrifizierung. Doch ich habe gemerkt, dass das alles nichts ändert, wenn die Menschen so viel Hass in sich spüren und dann Asylantenheime in Brand setzen.
Es gibt noch zu viel Angst. Angst vor dem Fremden, vor fremden Kulturen und Religionen und Gedanken. Wir haben ja sogar Angst vor Stofftüchern an weiblichen Köpfen oder schwarzen Bärten.
Ich habe erkannt, dass ich meine Kreativität noch vielmehr einsetzen muss, um Frieden zu produzieren. Und ich fange mal damit an, mich zu öffnen für Themen, die mir sehr fern und supekt waren. Zum Beispiel dem Koran.
Ich setze meine Kreativität ein, um Frieden zu produzieren. #3min
Van Bo Le-Mentzel
Ich habe nun einen Zugang zu ihm gefunden und war erstaunt über meine eigene Verbohrtheit und begeistert von dieser Erkenntnis, habe ich meine jüdischen Freunde gefragt, ob sie Lust hätten mit mir den Koran zu feiern.
Daraus ist eine Komödie geworden und ein Kinofilm mit derbe viel Straßenslang und algerischer Rai-Musik. Es geht um einen jungen Musiker namens Ali, der erst den langersehnten Erfolg bekommt, als er sich seiner Herkunft und seiner Identität stellt. Dieser Muslim Ali wird gespielt von Shai Hoffmann, der seines Zeichen Jude ist.
Du willst Van Bo's Vision unterstützen?
Dann geht es hier zu seiner aktuellen Startnext-Crowdfunding Kampagne, die noch wenige Tage läuft.
Wenn es eine Botschaft gibt, die du mit den Menschen teilen möchtest. welche wäre das?
Schaut Euch mehr in die Augen und backt mehr Kuchen und tanzt wilder miteinander.
Verbringt mehr Zeit mit Euren Liebsten und reduziert euren 40 Stunden Job um die Hälfte und vergebt den Menschen, die Euch Groll gebracht haben.
Glaubt nicht, dass ein E-Bike ein Fahrrad ist und eine Doppelhaushälfte irgend einen Wohlstand verdoppelt.
Und stellt Euch ab und an die Frage: Wie kann ich es möglich machen, dass wir alle auf der Erde leben können, ohne einander besitzen oder loswerden zu wollen?
Vielen Dank für dieses inspirierende Interview!
Titelbild: Paradis Sauvage / Stephanie Bothor
Du willst noch mehr Inspiration? Dann schau dir jetzt diese wunderbaren TED Talks von Van Bo Le-Mentzel an:
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